Mehrzugbetrieb

Damit die Steuerung mehrere Züge auf der Anlage fahren lassen kann, müssen Vorkehrungen getroffen werden, die Unfälle und Verklemmungen verhindern. Einen ersten und sehr wichtigen Beitrag liefert hierfür das Reservieren der Blöcke. In Blöcken, die auf dem Fahrweg mehrerer Züge liegen, kann es so nicht zu Zusammenstößen kommen, genausowenig kann ein Zug die für einen anderen wichtigen Weichen verstellen oder dessen Fahrstrom beeinflussen.

Desweiteren kann es bei einer sehr ungünstigen Steuerung zu einer gegenseitigen Behinderung der Züge kommen, so daß der Betrieb zum Erliegen kommt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn je drei Züge aus entgegengesetzten Richtungen in den Kicking Horse Pass einfahren. Die Ausweichgleise in der Mitte der Strecke bieten nicht genug Platz, damit die Züge einander passieren können. Damit ist eine Situation entstanden, in der sich kein Zug mehr bewegen kann. Das steuernde Programm muß einzelne Loks gezielt in sicheren Bereichen warten lassen, um Verklemmungen dieser Art zu verhindern. Dafür gibt es eine Reihe von Lösungsansätzen, allgemein läßt sich sagen, das umso mehr Aufwand nötig wird, je mehr Züge vorhanden sind und je weniger Ausweichmöglichkeiten existieren.

Schließlich darf die Steuerung keinen Zug übermäßig lange warten lassen. Dieser Aspekt stellt das dritte und letzte Problem im Mehrzugbetrieb dar, es läßt sich über Prioritäten lösen, die jedem Zug zugeordnet werden und die mit der Wartezeit oder der Verspätung steigen.

Inner und Outer Circle

In den beiden großen Kreisen der Bahn kann es nicht zu Verklemmungen kommen. Sie dürfen nur in einer Richtung befahren werden, außerdem enthält jeder Kreis einschließlich der Bahnhöfe neun echte Blöcke. Dadurch ist beim Befahren mit dem Maximum von acht Zügen sichergestellt, daß immer mindestens ein Zug einen Block vorrücken kann. Verteilen sich die Züge über beide Kreise und die Wendeschleifen, ist die Situation noch einfacher. Problematisch wäre es nur, wenn die Züge ständig zwischen den Wendeschleifen wechseln sollten, da entlang dieses Weges nur sechs Blöcke existieren. Hier dürfen sich daher maximal fünf Züge bewegen.

Die Steuerung kümmert sich hier im Wesentlichen um die Fairneß. An den Ausfahrten der Bahnhöfe und den Einmündungen der Wendeschleifen kann es passieren, daß mehrere Züge um den Nachfolgeblock konkurrieren. Diese Situation läßt sich über Prioritäten beziehungsweise Zufallsentscheidungen einfach auflösen.

Kicking Horse Pass

Wesentlich komplexer gestaltet sich die Organisation der in beiden Richtungen befahrbaren Paßstrecke. Verklemmungen passieren hier sehr schnell und es gilt sehr viele Situationen zu bedenken. Dabei müssen neben dem Paß auch die KIO-Zufahrten berücksichtigt werden.

Die einfachste Strategie für die Paßstrecke erlaubt nur eine Fahrtrichtung zur Zeit. Züge mit der entsprechenden Richtung dürfen in den Paß einfahren, die anderen müssen im Bahnhof warten. Nach einer gewissen Zeit wechselt die Steuerung die vorgeschriebene Richtung. Noch auf der Strecke befindliche Züge müssen sie verlassen, dann dürfen die bisher wartenden Züge sich auf den Weg machen. Die Entscheidung, wann die Richtung gewechselt wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Dabei ist zu berücksichtigen, ob in der Gegenrichtung überhaupt Züge warten und wie lange sie gegebenenfalls schon warten. Ohne Ausweichgleise ist diese Steuerung die einzig mögliche, sie erreicht aber nur einen geringen Durchsatz.

Eine bessere Ausgangssituation ergibt sich, wenn der Kicking Horse Paß in drei Teile zerlegt wird. Dabei handelt es sich um das Ausweichgleis in der Mitte und die beiden einspurigen Abschnitte, die von dort zum Bahnhof führen. Die zuführenden Strecken müssen nach dem beschriebenen Schema mit einer wechselnden Fahrtrichtung betrieben werden, den Ausweichgleisen ist eine Richtung fest zugewiesen. In diesem Szenario können pro Richtung zwei Züge in den Paß fahren, in einer davon sogar mehr, ohne daß es zu einer Verklemmung kommt. Die Steuerung muß nur die Fairneß im Auge behalten, damit nicht eine Richtung bevorzugt wird oder Züge sehr lange in der Ausweichstelle stehen bleiben. Die geforderten Eigenschaften können über Petrinetze elegant gelöst werden. Die Arbeit von Wolfgang Hielscher gibt diese für die erste Version der Bahnanlage an, in der Diplomarbeit von Jochen Koberstein sind diese an die zweite Generation angepaßt.

Weitere Konflikte können entstehen, wenn Züge aus den anderen Kreisen in den Paß wechseln wollen. Starten ein Zug aus dem Inner Circle und einer aus dem Outer Circle in Richtung des mit vier Zügen besetzten Paßbahnhofs, kommt es zwangsläufig zu einer Verklemmung. Eine einfache Lösung des Problems wäre, generell nur fünf Züge im Paß zu erlauben und jeden weiteren in seinem Bahnhof warten zu lassen, bis der Kicking Horse Pass wieder frei ist.

Allen Strategien ist gemeinsam, daß sie vorbeugend funktionieren. Kritische Situationen müssen durch eine entsprechende Planung verhindert werden, da sie sich nicht mehr auflösen lassen, wenn sie einmal entstanden sind.

Abschließende Bemerkung

Es scheint auf den ersten Blick die eleganteste Lösung zu sein, das Streckennetz der Bahn aus einer Datei zu laden und zur Laufzeit alle anderen Informationen daraus zu berechnen. In der Theorie kann so das selbe Steuerprogramm auch auf einem erweiterten oder umgebauten System weiterbenutzt werden. Der Ansatz scheitert allerdings daran, daß die Strategien zur Vermeidung von Verklemmungen extrem stark von Details des Gleisplanes abhängen. Kleine Unterschiede entscheiden, ob ein komplizierter Algorithmus nötig ist oder ganz auf regulierende Maßnahmen verzichtet werden kann. Davon sind insbesondere auch die in der Vergangenheit benutzten Petrinetze betroffen, sie müssen auch bei kleinsten Veränderungen des Streckennetzes umgebaut werden. Solange kein Algorithmus diese Aufgabe übernehmen kann, macht es keinen Sinn, ein universelles Programm für die Steuerung schreiben zu wollen.